Zum Inhalt springen

E-Auto-Boost Bidens Milliardenplan lässt deutsche Autobauer träumen

Der Infrastruktur-Plan von US-Präsident Joe Biden sieht Förderungen für Elektrofahrzeuge vor, die in den USA gebaut werden. Wir haben deutsche Autohersteller nach dem aktuellen Stand ihrer Elektro-Pläne für die USA gefragt.
Not born in the USA, but soon made there: Volkswagen Elektro-SUV ID.4 soll ab 2022 auch im US-Werk in Chattanooga vom Band laufen

Not born in the USA, but soon made there: Volkswagen Elektro-SUV ID.4 soll ab 2022 auch im US-Werk in Chattanooga vom Band laufen

Foto: RONNY HARTMANN / AFP

US-Präsident Joe Biden (78) wird in der Corona-Krise zum Big Spender: Um den USA nach den Corona-Wirren zum Aufschwung zu verhelfen, will er die US-Wirtschaft mit drei Billionen Dollar schweren Konjunkturpaketen auf die Beine helfen. Das erste, 1,9 Billionen Dollar schwere Corona-Rettungspaket, hat der Kongress bereits beschlossen.

Sein zweites Paket, in dem es vorrangig um Infrastrukturinvestitionen in Höhe von 2,3 Billionen Dollar geht, hat Biden Ende März präsentiert. Über die Details hat manager magazin ausführlich berichtet. Noch ist offen, wie viel von Bidens Plan für die Sanierung der US-Infrastruktur am Ende umgesetzt wird. Denn der Beschluss des US-Kongresses steht noch aus, die Republikaner haben einige Teile des Plans in den vergangenen Tagen deutlich kritisiert.

Fotostrecke

Die meistverkauften Elektroautos der Welt

Foto: Ding Ting / imago images/Xinhua

Teil von Bidens Infrastrukturplan sind aber auch milliardenschwere Förderungen, die deutsche Autobauer aufhorchen lassen dürften. Denn der US-Präsident will satte 174 Milliarden Dollar investieren, um "den Elektroautomarkt zu gewinnen", wie er sagte. Ziel des US-Präsidenten ist es nicht nur, bis 2030 eine halbe Million Ladestationen im Land aufbauen zu lassen. Er will auch 20 Prozent der US-Schulbusflotte auf E-Antriebe umstellen, 50.000 Diesel-Transitfahrzeuge durch E-Transporter ersetzen und einen Teil der Flotten von US-Behörden und staatlichen Unternehmen wie etwa der US-Post elektrifizieren.

Darüber hinaus erwägt Biden auch, die bisherige bundesweite Steuergutschrift von 7500 Dollar je rein batteriebetriebenem Fahrzeug zu verlängern. Bisher konnten Autohersteller diese Gutschrift nur dann in voller Höhe gewähren, wenn sie weniger als 200.000 E-Autos insgesamt abgesetzt hatten, danach wurde sie schrittweise geringer. Biden will diese Beschränkung abschaffen. Rabatte will er allerdings nur für Elektroautos gewähren, die in den USA produziert werden.

Daraus könnten sich gute Absatzchancen für die großen deutschen Autohersteller ergeben, die eigene Autowerke in den USA betreiben. Aktuell sind das Daimler mit seinem Werk in Tuscaloosa, Alabama, BMW mit seiner auf SUV spezialisierten Fabrik in Spartanburg, South Carolina, und der Volkswagen-Konzern, der in Chattanooga, Tennessee, ein großes Autowerk betreibt.

manager magazin hat bei allen drei Autoherstellern nachgefragt, welche Elektroauto-Modelle in den USA in nächster Zeit vom Band laufen werden und ob sich die Pläne nun ändern dürften. Die Antwort auf mögliche Änderungen fiel eindeutig aus: Da der Infrastrukturplan noch nicht vom Kongress beschlossen ist, ist es für etwaige Änderungen in der Produktionsplanung noch zu früh. "Die Mercedes-Benz AG begrüßt die von der US-Administration angekündigten Programme zur Förderung von EVs in den USA, die unsere Strategie der Elektrifizierung unseres Produkt-Portfolios stützt", erklärte Daimler in einer E-Mail. "Wir beobachten die Situation", hieß es beim Volkswagen-Konzern, ähnlich äußerte sich BMW.

BMW zeigt sich am zurückhaltendsten punkto US-Produktionspläne

Dabei planen alle drei Hersteller längst, auch in den USA rein batteriebetriebene Elektroautos herzustellen. Am zurückhaltendsten zeigte sich dabei erstmal BMW: In Spartanburg laufen zwar aktuell schon die Plugin-Hybridversionen des X3 und X5 vom Band. "Kurzfristig haben wir keine Pläne für ein vollelektrisches Fahrzeug in Spartanburg", hieß es bei BMW.

Allerdings ist Spartanburg für die Bayern eines der wichtigsten Werke, im vergangenen Jahr war das Werk zum wiederholten Mal das größte Auto-Exportwerk der USA. Und BMW-Chef Oliver Zipse hat seinen Elektroauto-Fahrplan kürzlich beschleunigt: Bereits 2023 will BMW 90 Prozent der Marktsegmente auch mit vollelektrischen Modellen abdecken, Ende 2025 will BMW etwa zwei Millionen Elektroautos an Kunden ausgeliefert haben, das Zehnfache im Vergleich zum Jahr 2020. Ab 2030 soll jeder zweite weltweit verkaufte BMW mit vollelektrischem Antrieb ausgeliefert werden. Das legt nahe, dass auch in Spartanburg ziemlich bald reine E-Modelle vom Band laufen werden.

VW will ID.4 ab kommendem Jahr auch in Chattanooga fertigen

Bei Volkswagen ist aktuell zumindest ein vollelektrisches Modell fix für die US-Produktion vorgesehen: Ab dem kommenden Jahr wird in Chattanooga der Elektro-SUV ID.4 gebaut. Das Werk wurde in den vergangenen Jahren bereits so umgerüstet, dass Fahrzeuge auf Basis des Modularen Elektrobaukastens (MEB) dort hergestellt werden können. Das legt nahe, dass weitere E-Modelle für die US-Produktion vorgesehen sind. Es sei gut vorstellbar, dass die demnächst in China präsentierten Modelle ID.4X und ID.4 Crozz, beides Elektro-SUVs, auch in den USA gebaut werden, heißt es dazu aus dem Konzern.

Zumal Volkswagen nun auch dank der Mithilfe des US-Präsidenten eine Hürde beilegen konnte. Denn der Streit zwischen den südkoreanischen Batterieliefanten LG Energy Solution und SK Innovation (SKI) um Patente ist nun beigelegt. Volkswagen war davon direkt betroffen: Schließlich entzündete sich der Streit um eine geplante SKI-Fabrik in Georgia, die in großem Umfang Batteriezellen für VWs Werk in Chattanooga liefern soll.

Daimler plant großen E-Modell-Aufschlag "made in USA"

Daimler bereitet aktuell die Produktion von zwei reinen Elektro-Modellen in den USA vor: Ab 2022 sollen in Alabama die SUV-Versionen des EQE und des EQS produziert werden. Die Limousinenversion des EQS, eine Art S-Klasse mit reinem Batterieantrieb und 700 Kilometern Reichweite, präsentiert Daimler erstmals am Donnerstag kommender Woche der Öffentlichkeit. Bereits jetzt werden in Tuscaloosa SUVs mit Plugin-Hybridantrieb gefertigt. Laut Auskunft von Daimler entsteht aktuell in der Nähe des US-Werks eine Batteriefabrik, die für beide EQ-SUVs "hocheffiziente Batteriesysteme" liefern wird. Ab dem 2. Halbjahr 2023 wird Daimler auch den Elektro-Van eSprinter in seinem US-Transporterwerk in Charleston bauen.

Zudem ist für das 2. Halbjahr auch noch die Serienfertigung von zwei vollelektrischen Lkw der Daimler-Marken Freightliner vorgesehen: Des eCascadia für den Fernverkehr und des eM2, der im städtischen Verteiler-Verkehr zum Einsatz kommen soll.

Die deutschen Autobauer rüsten also auch in den USA kräftig Richtung E-Antriebe um – und dürften manche Vorhaben noch beschleunigen, sobald Bidens Milliarden-Förderungen vom US-Kongress beschlossen sind.